Hornissenumsiedlung am 09.07.2018 in Thum im Erzgebirge

 

Das Jahr 2018 scheint in der Region ein sehr gutes Hornissenjahr zu sein, zumindest findet man dieses Jahr viele Hornissennester bei Spaziergängen und auch jagende oder sammelnde Hornissen sieht man regelmäßig. Folglich ließen auch erste Nestmeldungen bzgl. einer Umsiedlung nicht lange auf sich warten. Über die Naturschutzbehörde wurde mir im Juni ein erstes Nest auf einem Dachboden gemeldet, welches dort nicht bleiben konnte. Die Erstbesichtigung des Nestes in einem Haus am Ortsrand von Thum fand bereits am 23.06.2018 statt.

 

Der Erstbesuch am noch kleinen Nest am 23.06.2018 - das Nest besteht aus einer größeren und einer noch kleinen 2. Wabenetage...

 

09.07.2018 - Tag der Umsiedlung

 

Die eigentliche Umsiedlung folgte dann am 09. Juli des Jahres. Da das Nest noch klein war und aus 2 Wabenetagen bestand sowie etwa 15 Arbeiterinnen neben der Königin beherbergte, entschied ich mich für das einzelne Abfangen der Tiere mit einem Käscher oder einem mit Bienenfutterteig bestrichenen Holzstab. Die Arbeiterinnen setzte ich vorsichtig in eine Fangbox, die auch bei der Umsiedlung großer Nester mittels Staubsauger Verwendung findet (Beispiel siehe hier). Die Königin kam in ein separates Behältnis. Bei solch kleinen Nestern sollte die Königin im Übrigen immer abgefangen werden, da sie - im Gegensatz zu großen Nestern ab August/September - noch nicht so nesttreu ist und nicht immer die ganze Zeit auf den Waben verbleibt. Sie könnte also abfliegen und dabei verloren gehen. Beide Fangbehälter waren weiterhin mit Bienenfutterteig ausgestattet, damit die Tiere während der Umsiedlung etwas zu fressen haben. Anschließend wurde das Nest vorsichtig mit einem Messer entfernt und mittels Heißklebepistole in den Nistkasten eingeklebt und fixiert. Danach ging es mit Nest und Hornissen zum neuen Standort.

 

Tag der Umsiedlung - der 09.07.2018: Das Nest ist inzwischen weiter gewachsen und die 2. Etage wurde erweitert; zudem sind nun auch im Zentrum der 2. Etage einige verdeckelte Zellen von Puppen zu sehen...

 

Zuerst werden die Arbeiterinnen und - wie im Bild zu sehen - die Königin vorsichtig abgefangen - gerade die Königin ist wichtig und darf nicht verloren gehen oder abfliegen...

 

Während die Königin in einem separaten Gefäß - ausgestattet mit Bienenfutterteig - verwahrt wird, kommen die Arbeiterinnen in die im Bild zu sehende Fangbox, welche ebenfalls mit Bienenfutterteig versehen ist...

 

Nach dem Abfangen der Tiere wird das Nest vorsichtig entfernt...

 

Das Nest wird nun in den Nistkasten eingeklebt (mit Heißkleber) und ggf. mit kleinen Holzstäben fixiert...

 

Am neuen Standort, einige Kilometer entfernt im Raum Gelenau, wurde der Nistkasten an einem geeigneten Baum aufgehängt. Anschließend wurde die Fangbox mit den Hornissen unten in den Nistkasten gestellt. Danach habe ich die Königin vorsichtig aus ihrer Fangbox auf die Waben ihres Nestes krabbeln lassen. Dieser Moment ist immer etwas heikel, da die Königin hierbei keinesfalls panisch abfliegen darf. Da sie sich in der neuen Umgebung nicht auskennt, würde sie nicht mehr zum Nest zurückfinden und das Nest wäre königinnenlos und verloren. Aber es lief alles gut und die Königin versteckte sich schnell in ihrem Nest. Nachfolgend habe ich die Öffnung der Fangbox mit den Arbeiterinnen noch geöffnet und den Nistkasten schnell verschlossen. Die Arbeiterinnen können dadurch aus der Fangbox heraus in den Nistkasten und auf ihr Nest zurückkrabbeln. Zur Stärkung habe ich auch im Nistkasten unweit vom Nest ein Brettchen mit Bienenfutterteig platziert, damit die Tiere - auch für die kommenden Tage - eine kleine Unterstützung haben und sich besser an ihren neuen Lebensraum gewöhnen können. Nach einer Beruhigungspause von 30 min habe ich dann das obere Flugloch des Kastens freigegeben. Schon bald zeigten sich die ersten Arbeiterinnen und flogen mit schönen Orientierungsflügen ab. Kurz darauf kehrten auch die ersten Arbeiterinnen wieder zum Nest zurück. Die Umsiedlung war damit zunächst erst einmal abgeschlossen.

 

Mit dem eingeklebten Nest und den abgefangenen Hornissen geht es nun zum neuen Neststandort, der mind. 3 Kilometer entfernt liegen muss...

 

Der Nistkasten wird an geeigneter Stelle angebracht...

 

Nochmals ein Blick auf das im Kasten fixierte Nest...

 

Blick in die Fangbox - hier eine fressende Arbeiterin auf Bienenfutterteig; durch die Zufütterung überstehen die Tiere die stressige Umsiedlung deutlich besser...

 

Die Fangbox wird nun unten in den Hornissenkasten hineingestellt; auf deren Oberseite befindet sich die Öffnung zum Freilassen der Tiere, doch zunächst...

 

... wird die Königin aus ihrer kleinen Fangbox vorsichtig auf die Waben gesetzt; dabei ist viel Vorsicht geboten, da die Königin nicht abfliegen darf (wäre hier besonders problematisch, da sie die neue Umgebung nicht kennt und dann nicht mehr zum Nest zurückfindet); auf dem Brettchen links im Bild befindet sich noch Bienenfutterteig, damit die Tiere in den ersten Tagen nach der Umsiedlung noch eine kleine "Unterstützung" haben...

 

Danach wird noch die Öffnung der Fangbox mit den Arbeiterinnen im Nistkasten geöffnet und die Kastentür schnell geschlossen; die Fluglöcher bleiben für etwa 30 min ebenfalls verschlossen, damit sich die Tiere beruhigen können und ihr Nest im Kasten wiederfinden...

 

Danach wird das Flugloch freigegeben: die Tiere können sich nun durch intensive Orientierungsflüge neu einfliegen und sich den neuen Neststandort merken...

 

19.07.2018 - Nachkontrolle und Fangboxentnahme

 

10 Tage nach der Umsiedlung habe ich wieder nach dem Nest gesehen. Die Tiere haben die Umsiedlung gut überstanden und das Nest ist weiter gewachsen. Neben dem Ausbau der Nesthülle wurde auch die 3. Wabenetage begonnen. Auch die Königin ist fit und gesund im Nest unterwegs und legt fleißig Eier. Die Tiere verhielten sich bei der Kontrolle sehr friedlich und ich habe keinen Stechschutz gebraucht. Das wird sich aber im Laufe der Zeit noch ändern und starke Nester sehen im Öffnen der Kastentür dann durchaus eine Störung. Nach Entnahme der Fangbox habe ich den Kasten wieder verschlossen. Zum Abschied gab es noch eine Runde Zuckerpaste, welche ich am Eingang platzierte. Rasch wurde diese von den Arbeiterinnen gefunden. Nun heißt es hoffen, dass die weitere Entwicklung des Nestes positiv verläuft. Das Potenzial dazu hätte die kleine Kolonie und auch der neue Neststandort bietet sehr gute Voraussetzungen dafür.

 

10 Tage nach der Umsiedlung erfolgte die Nachkontrolle...

 

Das Nest hat sich weiterentwickelt und die Tiere haben sich an den neuen Standort gewöhnt; im Zuge der Nachkontrolle wird auch die Fangbox aus dem Kasten entfernt und die Tiere haben nun den gesamten Nistraum zur Verfügung...

 

Hier sieht man schön, wie die Nesthülle wieder repariert wurde...

 

Auch die Königin gab sich die Ehre (links auf der Wabe); erkennbar ist auch die neu begonnene 3. Wabenetage...

 

Reichlich neue verdeckelte Zellen sollten bald die Arbeiterinnenanzahl weiter steigen lassen; bei der Nestkontrolle war im Übrigen kein Stechschutz nötig, die Tiere verhielten sich (noch) sehr friedlich...

 

Zuletzt gab ich noch eine Runde Bienenfutterteig am Eingang aus, was auch gut angenommen wurde...

 

Nun bleibt zu hoffen, dass die weitere Entwicklung positiv verläuft...

 

06.08.2018 - Weitere Nachkontrolle

 

Mittlerweile ist die Umsiedlung 28 Tage her, weshalb heute wieder eine Nestkontrolle durchgeführt wurde. Das Nest ist weiter gewachsen und die 4. Wabenetage wurde begonnen. Etwa 30-40 Hornissen sollten dem Volk schätzungsweise angehören. Das Nest wächst eher langsam und ist im Vergleich zu einigen anderen Völkern aus der aktuellen Saison eher klein. Das kann aber an der Fitness der Königin liegen, wobei alle Zellen im Nest mit Eiern belegt sind. Möglicherweise ist aber auch die große Trockenheit derzeit nicht für alle Völker bzw. Neststandorte optimal. Denkbar ist aber auch Konkurrenzdruck durch ein anderes Volk. Alles in allem geht es dem Volk aber weiterhin gut und es zeigt ein langsames, aber solides Wachstum. Bald wird hier die erste Brut neuer Geschlechtstiere angelegt, wenn es sich bei den Eiern in der begonnenen 4. Etage nicht sogar schon um welche handelt.

 

Seit Monaten gibt es kaum Regen, wodurch vielerorts große Trockenheit herrscht...

 

Flugbetreib am Nistkasten - hier wird Baumaterial herangeschafft...

 

Zeit für eine Nestkontrolle - hier durch meine Mitarbeiterin und Freundin Dagmar...

 

Das Nest ist weiter gewachsen und die 4. Etage wurde begonnen...

 

Es geht also weiter voran, wenngleich auch eher langsam. Die Eier in der 4. Etage könnten den Beginn der Aufzucht neuer Geschlechtstiere darstellen...

 

22.08.2018 - Weitere Nachkontrolle

 

Bei der heute durchgeführten Kontrolle war erkennbar, dass das Nest wieder nur geringfügig gewachsen war. Die 4. Wabenetage wurde etwas ausgebaut und besteht aus Großzellen für Geschlechtstiere. Weiterhin schlüpfen auch neue Arbeiterinnen und auch die Königin scheint noch im Nest zu sein. Was aber auffallend war: Im Nest gibt es viele junge, teils noch nicht ganz ausgefärbte Hornissenarbeiterinnen, aber nur wenige ältere, ausgefärbte Tiere. Und die älteren Tiere fielen durch teils angebissene Flügel auf. Bei der Kontrolle flogen auch einzelne Hornissen herum, die sich nur sehr vorsichtig dem Nest näherten und nach dem Schließen des Kastens nur kurz in die Fluglöcher schauten und dann sofort wieder abflogen. Waren das fremde Hornissen? Insgesamt deuteten doch einige Aspekte darauf hin, dass hier ein konkurrierendes Volk dem umgesiedelten Nest stark zusetzt und dieses durch Kämpfe auch viele Arbeiterinnen verloren hat bzw. verliert. Dieses Konkurrenzverhalten wird vor allem dann ein Problem, wenn zwei nah benachbarte Völker sehr unterschiedliche Stärken aufweisen. Gleichstarke Nester können dagegen auch auf engerem Raum oft ganz gut nebeneinander existieren.

 

Blick auf das Hornissennest - nur wenig ist das Nest in den letzten Wochen gewachsen...

 

Blick in das Nest auf die unterste, 4. Wabenetage - hier wachsen erste Geschlechtstiere heran...

 

Nach wie vor schlüpfen Arbeiterinnen...

 

Allerdings sind es auffallend viele junge Tiere und nur wenige ältere Hornissenarbeiterinnen bewohnen das Nest, wobei letztere oft auch angebissene Flügel aufweisen...

 

Das sind für sich bereits Hinweise auf Revierstreitigkeiten mit einem benachbarten Volk...

 

Nach meinen Beobachtungen ging ich auf die Suche nach einem zweiten Hornissennest in der Nähe. Es dauerte schon seine Zeit, aber dann wurde ich fündig. Keine 100 m Meter entfernt entdeckte ich - gut versteckt in einem baumreichen Randstreifen eines benachbarten Feldes - ein Hornissennest in einer alten Wildkirsche. Hier waren etwa 60-70 Flüge in 10 min zu verzeichnen. Das Volk war also stärker als die umgesiedelte Kolonie und scheint der Grund für das nur sehr langsame Wachstum des umgesetzten Volkes zu sein. Das Revierverhalten von Hornissen ist gerade in hornissenreichen Jahren wie in diesem ein Problem. Das betrifft insbesondere auch die Umsiedlungen, da man an den Aussiedlungsstandorten nur schwer einschätzen kann, ob es schon Völker in der Nähe gibt oder nicht - und gerade bei frühen Umsiedlungen im Jahr fallen andere Nester bei der vorherigen Standortbegehung kaum auf. Leider kann man gegen die aktuelle Situation nicht viel machen. Ein erneutes Umsetzen des Volkes wäre zwar eine Option, aber dann weiß man auch nur wenig über die neue Konkurrenzsituation vor Ort und die Tiere müssten sich erst neu eingewöhnen und verlieren auch wieder Zeit. Darum habe ich entscheiden, alles so zu lassen, wie es ist. Einige Geschlechtstiere könnten auch unter diesen Bedingungen noch aus diesem Nest hervorgehen.  

 

Und tatsächlich: Nach längerem Suchen finde ich ein benachbartes, stärkeres Hornissenvolk - gut versteckt in einer alten Wildkirsche. Damit ist der Grund für das langsame Wachstum des umgesetzten Volkes gefunden...

 

01.09.2018 - Überraschend schnelles Ende der Kolonie

 

Heute herrschte kühles Wetter im Erzgebirge. Dennoch habe ich mal wieder nach dem Nest gesehen. Am Kasten war kein Flugverkehr mehr erkennbar, weshalb ich auch im Kasten nachgeschaut habe. Leider war auch im Nest nur noch eine Arbeiterin vorhanden, die sich weiter oben in den Waben versteckte. Die Brut war abgestorben, einige tote Arbeiterinnen steckten in den Kokons und sind wohl beim Schlupf verendet. Scheinbar hat das Volk letztlich dem Konkurrenzdruck des Nachbarvolkes nachgegeben. Das Volk hat sich leider zu langsam entwickelt, um dem Nachbarvolk die Stirn bieten zu können. Doch auch das ist leider "Natur" und passiert einigen Nestern im Verlaufe eines Jahres - gerade in solch hornissenreichen Jahren wie heuer. Auf diese Weise setzen sich nur die stärksten Völker durch. Anbei noch einige Bilder vom verlassenen Nest...

 

Blick auf das verlassene Nest...

 

Geöffnetes Nest mit Blick auf die 4 angelegten Wabenetagen...

 

Damit endet die Dokumentation des kleinen Volkes mit diesem Eintrag. Geschlechtstiere hat die Kolonie leider keine mehr hervorgebracht.

 

Die Dokumentation des Nestes wurde beendet!

 

 

© www.insektenstaaten.de / Dr. Michel Oelschlägel         Hier: Das insektenstaaten.de-Team stellt sich vor       Hier: Kontakt, Impressum und Datenschutz

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