Umsiedlung von Waldwespen in Kleinwaltersdorf am 07.07.2020

 

In einem weiteren Umsiedlungsfall im Kreis Mittelsachsen hatten wir es mit einem Wespennest zu tun. Das Besondere diesmal: es handelte sich um ein Erdnest und um eine recht spannende Art, die Waldwespe. Diese Art sieht man leider immer seltener. Nur alle paar Jahre mal findet man ein Nest dieser Art und sie ist - zumindest hier - mittlerweile weit seltener ist als die Hornisse. Folglich wollten wir das Nest, welches hangseitig direkt an einem frequentierten Weg lag, erhalten und umsiedeln.

 

Diesmal steht ein Erdnest der schützenswerten Waldwespe im Fokus unserer Arbeit...

 

07.07.-08.07.2020 - Tag(e) der Umsiedlung


Wir starteten mit den Arbeiten am frühen Abend und haben uns vorsichtig an das Nest herangegraben, welches nicht tief im Boden errichtet wurde. Da wir keinen Strom für ein Absaugen der Flugtiere  vor Ort zur Verfügung hatten, mussten wir etwas anders vorgehen.

 

Langsam und vorsichtig graben wir das Nest frei...

 

Das weitgehend freigelegte Nest der Waldwespe in dem recht großen Hohlraum...


Nach einiger Zeit war das recht große Nest der Art (geschätzt mit 150-200 Arbeiterinnen) weitgehend freigelegt. Es wurde in einem recht großen, bereits vorhandenen Hohlraum errichtet. Unter Protest der Tiere wurde das Nest entfernt. Es bestand aus 3 recht breiten Wabenetagen, welche voller Brut und Puppen waren - ein toller Anblick. Auch erste Geschlechtstiere bewohnten bereits das Nest. Weiter nach unten hätten die Wespen nicht bauen können, da hier große Steine den Weiterbau blockierten. Daher war das Nest wohl auch eher in die Breite gewachsen. Das Nest bauten wir jetzt in einen mitgebrachten Umsiedlungskasten ein. Nachfolgend platzierten wir den noch geöffneten Kasten wieder da, wo wir das Nest vorher entnommen hatten. Die aufgebrachten Tiere brauchten etwas, um sich zu beruhigen. Viele Tiere flogen nachfolgend ihr Nest im Kasten an. Einige Zeit später, in der Dämmerung, schlossen wir den Kasten. Einige Tiere suchten noch und flogen nun in die noch offene Erdhöhle zurück, wo das Nest vorher war. Allgemein fiel auf, dass sich auch dort nicht wenige Tiere wieder eingefunden hatten. Der Grund: dort saßen noch einige Geschlechtstiere, welche von den Arbeiterinnen umsorgt wurden. Wir warteten nun noch etwas ab, bis die Nacht hereingebrochen war, und sammelten dann die "Traube" an Tieren in der Erdhöhle noch ein sowie allerhand Einzeltiere in diesem Hohlraum. Gegen Mitternacht hatten wir alle Tiere im Nistkasten oder in separaten Gefäßen eingesammelt und es ging erstmal nach Hause. Im Nistkasten und in allen Fanggefäßen befand sich übrigens Bienenfutterteig, damit die Tiere die Umsiedlung besser verkraften.

 

Das herausgenommene Nest - ein Teil der Hülle wurde entfernt, um das Nest später besser in den Umsiedlungskasten einbauen und stabilisieren zu können...

 

Blick auf die 3 Wabenetagen, welche voller Brut (Larven und Puppen) sind; auch Geschlechtstiere (Drohnen und neue Königinnen) bewohnen bereits das Nest...

 

Das Nest wird in den Umsiedlungskasten eingebaut...

 

Anschließend müssen noch alle Tiere eingesammelt werden, hier eine "Traube" bestehend aus Jungköniginnen und Drohnen; diese werden von Arbeiterinnen beschützt...


Zu Hause mussten alle gefangenen Tiere in den Extragefäßen wieder vereint werden, damit diese dann dem Nistkasten zugeführt werden konnten. Dazu stellte ich die Gefäße in den Kühlschrank, wodurch die Tiere nach einiger Zeit träge und flugunfähig wurden. Diese Prozedur schadet ihnen aber nicht. Auf diese Weise konnten alle Tiere in einem Gefäß vereinigt werden. Dieses Gefäß baute ich anschließend vor das Flugloch des Kastens mit dem Nest. Das Nest selbst darf im Übrigen aber keinesfalls runtergekühlt werden, da die Brut sonst Schaden nehmen kann. Mit Licht durch einen Spalt am Kasten lockte ich die Tiere nun in den Kasten. Ein Großteil der im Extragefäß befindlichen Tiere krabbelte so erfolgreich zum Nest. Die restlichen Tiere mussten dann erstmal warten und wurden später vereinigt.

 

Das Nest im Nistkasten und alle eingefangenen Tiere werden vereint und der Kasten an seinem neuen Standort in einem Schuppen aufgehängt...

 

Anschließend wird nach kurzer Beruhigungszeit das Flugloch freigegeben und die Tiere können sich neu einfliegen - als Hilfestellung gibt es nochmal Bienenfutterteig...


Am nächsten Morgen wurde das Nest im Kasten an seinem neuen Platz in einem Schuppen aufgehängt. Als Flugloch diente ein verkleinertes und abgedunkeltes Fenster. Nochmal gab es auf dem Flugbrett eine Extrarunde Bienenfutterteig, bevor die Tiere freigelassen wurden und sich einfliegen konnten. Das machten sie dann auch in reger Zahl. Zugleich fielen sie über das Bienenfutter her. Schon bald darauf konnte man erste Rückkehrer beobachten, die Baumaterial und Nahrung mitbrachten. Nach einigen Stunden hatte sich das Volk schon ganz gut eingelebt. Nun stellte ich noch das Fanggefäß mit den verbliebenen Tieren, welche nachts noch nicht ins Nest zurückgekrabbelt waren, in den Nistkasten hinein, sodass auch diese Tiere wieder mit ihrem Nest vereint waren. Am Abend nahm ich das leere Gefäß wieder raus und  die Umsiedlung war damit abgeschlossen.

 

Durch die fehlende Möglichkeit, die Tiere abzusaugen, musste hier auf altbewährte Methoden zurückgegriffen werden, weshalb auch alles deutlich länger dauerte als üblich. Letztlich hat es sich aber gelohnt und das Nest konnte erfolgreich umziehen. Das Volk kann jetzt noch viele Geschlechtstiere freisetzen.

 

10.07.2020 - Nachkontrolle

 

Heute haben wir wieder nach dem Nest gesehen. Guter Flugverkehr war vorhanden und viele Geschlechtstiere bewohnen das Nest. Diese werden intensiv von den Arbeiterinnen mit Nahrung versorgt. Zugleich finden Bauarbeiten an der Nesthülle statt. In den nächsten Tagen werden hier noch viele weitere Geschlechtstiere schlüpfen, bevor das Volk langsam wieder abbauen wird.

 

Das umgesiedelte Waldwespennest im Nistkasten - die Umsiedlung hat gut funktioniert...

 

12.07.2020 - Nachkontrolle

 

Auch heute haben wir mal wieder nach dem Nest geschaut. Die Arbeiterinnen waren fleißig und haben den kompletten hinteren Teil der Nesthülle bereits wieder ersetzt. Noch ist der Blick auf die Waben frei. Dort tummeln sich zahlreiche Geschlechtstiere, wobei derzeit nur Drohnen vorhanden sind. Ingesamt sieht hier alles gut aus.

 

 

Im Vergleich zum Foto vom 10.07. sieht man deutlich die Baufortschritte im hinteren Teil des Nestes...

 

14.07.2020 - Nachkontrolle

 

Nochmal haben wir heute nach dem Nest gesehen, in welchem sich derzeit zahlreiche Geschlechtstiere aufhalten - ein toller Anblick. Allerdings sind nach wie vor nur Drohnen zu sehen...

 

Blick auf das Nest, in welchem sich zahlreiche Drohnen aufhalten; erneut ist schön der Baufortschritt an der Nesthülle im Vergleich zur letzten Nachkontrolle erkennbar...

 

17.07.2020 - Nachkontrolle - Abbau der Kolonie...

 

Bei den Waldwespen sind inzwischen fast alle Geschlechtstiere geschlüpft und letzte verdeckelte Zellen befinden sich im Nest. Seit der Umsiedlung sind interessanterweise nur noch Drohnen geschlüpft, während wir bei der Umsiedlung noch einige Jungköniginnen entdecken konnten. Scheinbar war das Nest bereits einige Zeit vor der Umsiedlung drohnenbrütig geworden. Aber immerhin sind hier viele hundert Geschlechtstiere abgeflogen und werden einen guten Beitrag zum Arterhalt leisten. Nachdem der Großteil der Geschlechtstiere das Nest bereits verlassen hat, nimmt nun auch die Arbeiterinnenzahl immer weiter ab. Damit auch hier noch die restlichen Drohnen abfliegen können, haben wir nochmal mit Bienenfutterteig zugefüttert. Die Nesthülle um das Nest wurde inzwischen auch wieder weitgehend ersetzt. Richtung Ende Juli wird das Nest dann bald mehr und mehr leer stehen und die Saison der Waldwespen ist dann schon wieder weitgehend vorbei.

 

Blick auf das Nest - auf der unteren Wabe befinden sich noch Geschlechtstiere, nahezu alle Brutzellen sind geschlüpft...

 

Zur Unterstützung gibt es etwas Bienenfutterteig, welcher gerne angenommen wird...

 

06.08.2020 - Nest fast abgestorben - Ende der Dokumentation

 

In den vergangenen zwei Wochen hat die Kolonie nach dem Abflug der Geschlechtstiere schnell abgebaut. Noch 4 Arbeiterinnen bewohnen nun das Nest, Brut gibt es keine mehr. Nachdem anfangs - kurz vor der Umsiedlung - noch einige Jungköniginnen geschlüpft waren, sind aus dem Nest danach nur noch Drohnen hervorgegangen. Insgesamt sind aber einige hundert Geschlechtstiere hier abgeflogen - eine insgesamt sehr schöne Bilanz. Nach der Umsiedlung hat das Volk seine Entwicklung also noch in Ruhe und erfolgreich abschließen können. Die letzten Arbeiterinnen werden das Nest in Kürze verlassen oder noch im Nest absterben. Dann ist die Saison für die Waldwespe schon wieder vorbei. Da aber keine wesentlichen Neuigkeiten mehr zu erwarten sind, beenden wir an dieser Stelle bereits die Dokumentation zu diesem Nest. 

 

 

© www.insektenstaaten.de / Dr. Michel Oelschlägel         Hier: Das insektenstaaten.de-Team stellt sich vor       Hier: Kontakt, Impressum und Datenschutz

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