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5. August 2008: Parasiten bei Steinhummel! Nach dem raschen Absterben der Steinhummeln (Nistkasten 2) habe ich heute das Nest entnommen und genauer untersucht. Am Nest direkt waren keine Auffälligkeiten zu beobachten. Allerdings öffnete ich auch die Hinterleiber (Abdomen) einiger toter Hummelarbeiterinnen. Darin fand ich in einem völlig ausgehölten Abdomen einen Kokon (schwarz), der etwa so groß war wie der Innenraum des Abdomens selbst. In einer frisch gestorbenen Arbeiterinnen fand ich ein weißes "Etwas", was sich bewegte. Bei genaueren Hinsehen entpuppte sich das als eine Larve. Auch diese, einzelne Larve füllte nahezu den ganzen Abdomeninnenraum aus.

 

 

 

Aufnahmen des anfangs unbekannten Parasiten (1. Bild zeigt einen Kokon, 2. und 3. Bild zeigen eine Larve)

 

verlassenes Steinhummelnest

 

So wie es also aussieht, hat ein Parasitenbefall der Arbeiterinnen zu deren Reduzierung geführt und möglicherweise die Eierstöcke geschädigt, worauf die Brut entweder keine vollständige Entwicklung mehr durchleben konnte oder von den Arbeiterinnen aufgrund der "Krankheit" bewusst lebend aus dem Nest geworfen wurde (eventuell auch, weil die Anzahl der Arbeiterinnen abnahm). Aber auch von den letzten Eiern ist keines zu einer größeren Larve geworden, obwohl noch einige, aber wohl teils infizierte Arbeiterinnen vorhanden waren.

 

Nach langer Recherche handelt es sich bei den Parasiten wohl um Sicus sp. oder Conops sp. - beides sind Gattungen von Fliegenarten (Blasenkopf- oder Dickkopffliege), welche parasitisch in Hummeln leben. Dabei legt ein Fliegen-Weibchen im Flug ein Ei auf das Abdomen von Wespen und Hummeln. Wenn die Larve schüpft, gelagt diese über die Tracheen in das Abdomen und frisst dort die Hummel von innen her auf. Später verpuppt sich die Larve noch im Hinterleib und schlüpft kommendes Jahr. Teilweise spezialisieren sich einige Arten auf einzelne Kolonien, sodass dort ein großer Befall auftritt. Möglichweise hat also genau dieser Parasit die oder eine große Rolle beim raschen Absterben der Kolonie gespielt. Literaturangaben zu Folge werden aber fast nur Arbeiterinnen befallen, ferner Drohnen, aber kaum Jungköniginnen. Damit dürften die Jungköniginnen, welche aus dem Nest hervorgegangen sind, größtenteils gesund sein.

 


11. August 2008: Aufgrund von Wachsmottenbefall habe ich vor einigen Tagen nochmals die Ackerhummeln umgesetzt, diesmal in den Kasten, wo zuvor die Wiesenhummeln lebten (Nistkasten 3). Zudem war auffallend gewesen, das immer wieder Puppen abgestorben waren und entfernt wurden. Heute entdeckte ich bei der Nestkontrolle den Grund dafür. Ich sah zufällig, wie Arbeiterinnen eine tote Puppe entfernen wollten. Im Kokon dieser toten Puppe entdeckte ich eine Fliegenlarve, welche bereits die Hälfte der Puppe gefressen hatte. Möglicherweise hat die Kolonie seit einiger Zeit mit Fliegen der Gattung Brachomia zu kämpfen. Diese Fliegenarten legen ihre Eier an die Larven der Hummeln. Sobald sich diese verpuppen, schlüpfen die Larven der Fliege und fressen die Hummelpuppen. Ich hoffe, dass durch das Umsetzen der Kolonie in den anderen Nistkasten auch dieses Problem in nächster Zeit behoben sein wird. Immerhin müsste die Flugaktivität dieses Parasiten nun abnehmen.

 

Ackerhummelnest

 

Auch die Erdhummeln zeigen Befall dieses Parasiten, mehrere Kokons sind nicht geschlupft, sondern braun und leergefressen. Hier entdeckte ich ebenso eine Larve, die sich gerade außerhalb des Nestes verpuppen wollte (siehe letztes Bild). Da die restlichen Erdhummeln nur noch einige Nestteile pflegen, können Parasiten und Feinde nun leichter ins Nest gelangen als noch vor einigen Wochen, wo permanent Wächterinnen am Eingang saßen. Dennoch fliegen weiterhin einige Jungköniginnen aus diesem Nest. Auch weitere 5 Großlarven/Kokons von Jungköniginnen konnte ich entdecken. Möglicherweise ist die Altkönigin also noch nicht, wie vor einiger Zeit vermutet, abgestorben, da es ja noch einige Jungköniginnen und vor allem Jungköniginnenbrut gibt.

 

weiterhin Geschlechtstierbrut bei den Erdhummeln

 

wahrscheinlich Larve der Gattung Brachomia

 


18. August 2008: Erdhummeln fliegen weiterhin, Ackerhummeln erholen sich! Die Erdhummeln haben weiterhin Geschlechtstierbrut und Geschlechtstiere im Nest. Zudem scheint der Befall von Brachomialarven überstanden zu sein, da sich die neuen Kokons gut entwickeln und die Puppen nicht gefressen werden.

 

Nestumgebung

 

Die Erdhummeln bringen weiterhin Geschlechtstiere hervor...

 

Die Ackerhummeln haben die Brachomialarven ebenso überstanden. Reichlich Brut, auch Kokons mit Puppen in allen Entwicklungsstadien (erkennbar an Ausfärbung) befinden sich im Nest. Zudem konnte ich die ersten Kokons von Jungköniginnen beobachten. Damit scheint das Volk so langsam seinem Höhepunkt entgegen zu laufen und hat sich glücklicherweise rechtzeitig erholen können. Etwa 40 Arbeiterinnen umfasst das Nest derzeit, Tendenz nun wieder steigend...

 

Ackerhummelnest, nun wieder mit reichlich Brut, rechts die großen Kokons beinhalten möglicherweise die ersten

Jungköniginnen

 

Die Steinhummeln im Hornissenkasten sind nun übrigens auch vollständig abgestorben, nachdem fast alle Geschlechtstiere des Kuckucks aus dem wegen Wachsmotten nochmals umgesetzten Waben geschlüpft waren...

 


24. August 2008: Die Ackerhummeln streben ihrem Höhepunkt entgegen. Etwa 60 Arbeiterinnen umfasst das Volk. Im Nest finden sich viele neue Geschlechtstierbrutwaben, wobei vor allem die großen Königinnenkokons auffallen.

 

Ackerhummelnest

 

Die Erdhummeln haben nun die letzten Jungköniginnen aufgezogen, welche mittlerweile zum Teil aus den großen Kokons geschlüpft sind. Weitere Drohnenbrut wird noch aufgezogen. Die Altkönigin ist nun altersbedingt auch gestorben und lag neben dem Nest. Um die wenigen Arbeiterinnen etwas zu unterstützen, habe ich im Nest noch mal mit Zuckerlösung (in Legobausteinen)

zugefüttert.

 

letzte Brut von Drohnen im Nest

 

tote Altkönigin

 


31. August 2008: Geschlechtstiere bei den Ackerhummeln! Die Ackerhummeln haben die ersten Drohnen und Jungköniginnen hervorgebracht, welche teilweise bereits ausfliegen (Jungköniginnen sind bei Ackerhummeln übrigens sehr scheu und verstecken sich rasch im Nest). Etwa 60 Arbeiterinnen betreuen die Kolonie. Ein Großteil der Geschlechtstiere wird allerdings erst im Laufe der nächsten Wochen schlüpfen.

 

Blick ins Ackerhummelnest, unten links 2 Drohnen und der Kopf einer Jungkönigin

 

Bei den Erdhummeln leben immer noch etwa 6-8 Arbeiterinnen, welche die letzten Drohnen betreuen. Die letzten Jungköniginnen sind alle geschlüpft, vereinzelt sieht man noch die eine oder andere zum Nest zurückkehren. Weitere Kokons von Drohnen stehen kurz vor dem Schlupf.

 

Erdhummeldrohnen, frisch geschlüpft...

 


8. September 2008: Geschlechtstiere bei den Ackerhummeln unterwegs! Bei den Ackerhummeln sieht man nun auch Jungköniginnen ein- und ausfliegen. Ein Blick ins Nest zeigt sich rasch versteckende Jungköniginnen, andere fliegen kurzzeitig ab. Bei den Erdhummeln leben neben einigen Arbeiterinnen immer noch 2 Jungköniginnen im Nest. Diese fliegen zum Teil auch zur Nahrungsbeschaffung aus. Aufgrund der eher mauen Nahrungslage bei diesem Nest (kaum noch Arbeiterinnen vorhanden) brauchen diese Jungköniginnen wohl länger bis zum entgültigen Abflug bzw. bis die Fettreserven für den Winter ausreichend vorhanden sind.

 

weiterhin Geschlechtstierbrut

 

Jungkönigin im Erdhummelnest

 


12. September 2008: Weiterhin Geschlechtstiere in den Nestern! An der Situation der beiden noch aktiven Nester hat sich wenig geändert, bei den Ackerhummeln fliegen weiterhin einige Jungköniginnen, bei den Erdhummeln 2 Jungköniginnen. Die verlassenen Nestteile bei den Erdhummeln beginnen bereits Schimmelansätze zu zeigen...

 

Oben in der Mitte befindet sich eine Jungkönigin, unten rechts mit den langen Fühlern ein Drohn...

 

Die 2 Jungköniginnen zusammen mit den letzten Arbeiterinnen...

 


27. September 2008: Nach einer ungewöhnlich kalten Witterungsphase mit nächtlichen Frösten bis - 5 °C (in 2 m Höhe, also Luftfrost!) und Tageshöchstwerten von gerade mal 6-8 °C habe ich heute bei milderer Witterung wieder nach den Nestern gesehen. Die Erdhummeln sind vollständig abgestorben, die letzten beiden Jungköniginnen abgeflogen. Größere Nestteile sind stark verschimmelt. Dennoch habe ich mir hier mal die Mühe gemacht und die großen Königinnenkokons genau ausgezählt. Die urspünglichen oberflächlichen Zählungen muss ich hier deutlich korrigieren. 165 Jungköniginnen kamen wohl erfreulicherweise zum Schlupf, eine sehr hohe Zahl bezogen auf das nicht so besonders große Nest. Nicht unbedingt haben wohl sehr starke Völker zwangsläufig auch sehr viele Jungköniginnen, da die Konkurrenz zwischen Altkönigin und Arbeiterinnen dann auch viel höher ist und die Königin eher ihr Fortpflanzungsmonopol verliert (und damit weniger Jungköniginnenbrut entsteht).

 

Endlich bessert sich das Wetter...

 

verlassenes Erdhummelnest

 

Bei den Ackerhummeln leben noch etwa 30 Arbeiterinnen, fast alle Jungköniginnen sind abgeflogen (insgesamt mind. 30). Weiterhin tummeln sich aber Drohnen im Nest und weiterhin existiert Drohnenbrut. Die Altkönigin ist wohl schon einige Zeit tot, sodass die jetztige Brut wohl von den Arbeiterinnen selbst stammen dürfte. Unbewohnte Nestteile wurden hier mit Polsterwolle bedeckt und somit der belebte Bereich stärker abgedämmt (wohl auch wegen der sehr kalten Witterung der letzten Tage).

 

Ackerhummelnest

 


25. Oktober 2008: Hummelsaison vorrüber! Mittlerweile sind auch die Ackerhummeln abgestorben, nachdem auch hier viele Geschlechtstiere hervorgegangen sind. Das Nest habe ich heute aus dem Kasten geborgen, es ist recht gut erhalten. Die kalten Nächte der vergangenen Tage und die nun mangelhaften Nahrungsbedingungen haben beim Absterben der Kolonie beigetragen.

 

 

abgestorbenes Ackerhummelnest

 

Insgesamt ist die Saison 2008 recht erfolgreich verlaufen, alle Kolonien haben Geschlechtstiere hervorgebracht. Insgesamt sind bei allen Kolonien insgesamt mind. 260 Jungköniginnen abgeflogen, eine stolze Bilanz. Bleibt zu hoffen, dass viele Königinnen den Winter überstehen werden und nächstes Jahr ein neues Nest gründen.

 

Hiermit schließt das Tagebuch 2008!

 

 

© www.insektenstaaten.de / Dr. Michel Oelschlägel         Hier: Das insektenstaaten.de-Team stellt sich vor       Hier: Kontakt, Impressum und Datenschutz

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